Leergewichtserhöhung des Zugfahrzeugs
Regelwerk und Retrospektive
Als wir uns Paulette gekauft haben, hatten wir einen Punkt nicht zu Ende überlegt: Gewichte!
Paulette ist etwas pummelig und wiegt maximal 1.800kg.
Unser Privatwagen, ein Hyundai iX35 wiegt ungefähr 1.350kg und darf aufgrund eines Gutachtens dieses Gewicht ziehen. Das Gespann dürfen wir dann aber nur mit 80km/h Höchstgeschwindigkeit bewegen. Für die 100km/h Zulassung muss das Leergewicht des Zugfahrzeugs höher sein als das Höchstgewicht des Wohnwagens. Mehr dazu auf der Seite Ablastung.
Bei AMADA hat Carsten einen VW Passat Variant GTE als Dienstwagen gehabt, dieser wiegt leer laut deutschen Papieren 1.760kg. Blieb noch eine Lücke von 40kg. Um diese zu schließen, haben wir Paulette auf Diät gesetzt, also auf dem Papier. Technisch wurde bei der Ablastung nichts verändert, damit bei einer evtl. Auflastung auf das ursprüngliche Gewicht keine Probleme entstehen. Warum nicht schon bei diesem Auto das Leergewicht erhöhen? Weil es ein Leasingfahrzeug ist und bei denen sind Eintragungen in den Papieren extrem kompliziert. Und da der Wagen nach 3 bis 5 Jahren ausgetauscht wird, wird man Stammgast beim Straßenverkehrsamt.
Neues Zugpferd
2023 hat Carsten den Arbeitgeber gewechselt und bei Johann Leimbach keinen Dienstwagen mehr bekommen. Was sich finanziell nicht als Nachteil herausstellte.
So brauchten wir also einen neuen Wagen, und, oh Wunder, es wurde ein VW Passat Variant GTE. Da Carsten eine Affinität für die Farbe rot hat, wurde die Suche etwas schwieriger. Corina hatte auch feste Vorstellungen von der Ausstattung und so mussten wir bis nach Österreich um ein passendes Fahrzeug zu finden.
Der Händler bei Wien hatte den Wagen in Schweden gekauft und so kamen wir an schwedische Zulassungspapiere.
Der Beweis - schwarz auf weiss
In den Papieren war neben dem theoretischen Leergewicht auch das tatsächliche Leergewicht des Wagens angegeben. Mit 1.830kg um genau 70kg höher als in der deutschen Zulassung.
Für die Zulassung in Deutschland hatte ich mir schon ein neues CoC online bestellt. Für die Bestellung muss man sich online registrieren. Den Service finde ich einfach nur klasse.
In den Werksdaten von Volkswagen steht tatsächlich auch das tatsächlich Leergewicht des Fahrzeugs mit 1.830kg.
Dafür ist die Anhängelast dort auf 1.600kg reduziert. Das passte weder zu den Daten die im Dienstwagen von Amada standen, noch zu den schwedischen Papieren. Dort ist die Anhängelast mit 1.990kg angegeben. 1.900kg Anhänger + 90kg Stützlast.
Mit den gesammelten Papieren ist Carsten zum Straßenverkehrsamt gefahren um deutsche Papiere zu bekommen und die Kennzeichen siegeln zu lassen. Der Plan war, mit dem Flugzeug nach Wien zu reisen und mit dem gekauften Wagen zurück nach Hause.
Erste Papiere
Erstaunlicherweise war es überhaupt kein Problem mit den schwedischen Fahrzeugpapieren, dem neuen CoC und dem österreichischem Kaufvertrag deutsche Zulassungspapiere und Siegel auf die Kennzeichen zu bekommen. Das einzige was schiefging war die Siegelung der HU-Plakette, das Fahrzeug hatte nämlich kurz vorher erst eine Hauptuntersuchung bekommen und und da Deutschland dem österreichischem TÜV vertraut wird dieser voll anerkannt. Die Mitarbeiterin hatte den TÜV Termin für Ende des laufenden Jahres angesetzt. Das Siegel, es kommt nur auf das hintere Kennzeichen, durfte sie also nochmal abkratzen und ein neues kleben.
Auch die erhöhte Anhängelast von 1.900kg bei maximal 8% Steigung tauschte wie von Geisterhand auf der Zulassungsbescheinigung - Teil I auf. Die Mitareiter geben nämlich gar nicht alle Werte händisch ein, sondern das Programm zieht diese automatisch anhand der Typzulassung aus einer Datenbank. Wer dem Straßenverkehrsamt also richtig Arbeit machen möchte, lässt ein Fahrzeug zu, für das er zwar internationale CoC-Papiere besitzt, das aber nicht in der KBA-Datenbank hinterlegt ist. Dann muss alles manuell eingetragen und nochmal geprüft werden.
Die Kennzeichen und die Zulassungsbescheinigung - Teil I durfte Carsten sofort mitnehmen, die Zulassungsbescheinigung - Teil II blieb beim Amt bis das Fahrzeug zwecks Prüfung der Fahrgestellnummer vorgeführt werden konnte.
So ausgerüstet ging es wie geplant, nach Wien. Hier ging auch alles ganz schnell. Volltanken, Kurzzeitvignette kaufen und ab nach Deutschland.
La bella Passarata nimmt zu
wenn uns denn jemand lässt
Wieder zuhause ging es an den letzten und wichtigsten Akt: die Leergewichtserhöhung.
Im Vorfeld hatte Carsten mit verschiedenen Überwachungsorganisationen telefoniert und ein Mitarbeiter des DEKRA in Wuppertal Nächstebreck hatte ihm gesagt, er sähe darin kein Problem. Vorbeikommen, wiegen, Gutachten ausstellen und dann wieder zum Straßenverkehrsamt um die Eintragungen zu ändern. Bei der Gelegenheit könne er sich auch den Wohnwagen anschauen und die Unbedenklichkeitserklärung für die Auflastung auf das Ursprungsgewicht ausstellen. Da Paulette nicht weit von dort entfernt steht, klang das nach der Erfüllung eines Traums.
Es kam natürlich anders.
Ich bin erst einmal nur mit dem Passat, den wir inzwischen “la bella Passarata” getauft hatten zum Stützpunkt, um nochmal die Details zu klären. Der Mitarbeiter, pardon, Prüfinegeneur, mit dem Carsten telefoniert hatte, war von dem Ansinnen wenig angetan und verweigerte die Kooperation.
“Wenn ein Hersteller ein fixes Gewicht einträgt, wiegt der Wagen auch genau so viel. ich ändere da gar nichts! Und was die Schweden machen interessiert mich nicht.”
Also wieder einmal ein Mensch, der die Arbeit scheut. Dafür hatte Carsten sich also durch den Wuppertaler Feierabendverkehr gequält. Danke für gar nichts!
Carsten suchte weiter und fand eine TÜV-Prüfstelle, die verstand was ich vorhatte und auch glaubte, dass es möglich sei. Nebenan sei ein Recyclinghof, dort sollten wir den Wagen vollgetankt, aber ansonsten leer wiegen und mit dem Wiegeschein rüberkommen.
An der Waage war es genau so einfach, wie es klang. Aussteigen, wiegen, 10 Euro bezahlen, tschüss!
Rüber zur TÜV-Prüfstelle. Diese hat sich anscheinend auf all das spezialisiert, was den anderen zu kompliziert, oder arbeitsintensiv ist: Oldtimer, Wohnmobile, Wohnwagen, Motorräder, alles da und alle für ein paar Worte zu haben. Schrauber und Bastler unter sich. Es dauerte etwas, bis das Gutachten fertig fertig war. Dann ging es wieder ganz einfach.
Zu dem auf der Waage ermittelten Gewicht kommt noch ein “Standard-Fahrer” mit 75kg. So kommen die 1.885kg im Gutachten zustande. Soviel also zu: “was da steht muss stimmen!”
Der heilige Grahl
endlich geschafft
Mit den Papieren wieder zum Straßenverkehrsamt und die Korrektur eintragen lassen.
Jetzt fehlt noch der letzte Akt: Paulette darf wieder ihr Werksgewicht auf den Papieren tragen.